Dienstag, 25. Juni 2013

Stephan Hebel - "Mutter Blamage" - die Chamäleon-Kanzlerin

06.03.2013 - 02:16 Uhr


„Mutter Blamage“ ist ein schwacher Titel für ein starkes Buch. Denn dieses Buch handelt einerseits vom totalen Versagen einer Kanzlerin auf allen wichtigen Politikfeldern (Steuer-, Sozial-, Arbeitsmarkt- und, gravierend, der Euro-Krisenpolitik) - überzeugend belegt mit Fakten und Nachweisen. Und andererseits von ihrer besonderen Begabung, dieses tatsächliche Versagen in persönliche Wertschätzung und hohe Sympathiewerte zu verwandeln - also dem Phänomen Merkel, das sich offenbar nur dem erschließt, der sich nicht von ihrem Habitus und ihrer unprätentiösen Rhetorik blenden lässt, sondern die Ergebnisse Ihres Tuns betrachtet. Dann erst zeigen sich die zwei Seiten ein und derselben Person. Davon handelt dieses Buch. Sichtbar wird eine Kanzlerin, die verdeckt aber zielstrebig, und, wo es sein muss, eiskalt ihre Ziele verfolgt: persönlicher Machterhalt, Stärkung der Finanz- und Machtelite, Schwächung der Arbeitnehmer und des Staates, Abbau der Sozialstaatlichkeit, Abbau der Mitwirkungsrechte des Parlaments. Ein umfangreiches Kapitel widmet sich ihrer Euro-Krisenpolitik: ihrem national-egoistischen Charakter, ihrer neoliberalen Ziele, ihren verheerenden Folgen – für die europäische Idee und die Europäer selbst, die Menschen, am Ende auch für uns selbst.
„Mutter Blamage“ ist ein Appell, genau hinzusehen, hinter die Fassaden zu schauen, sich nicht vom gefälligen Eindruck und den Meinungsmachern manipulieren zu lassen. Nur die Tatsachen sprechen zu lassen, auch, wenn sie einem nicht zusagen. Wie in diesem Fall.
Worum es geht, wird schon in der Einleitung des Buches deutlich ausgesprochen: Es möchte im Jahr der Bundestagswahl dem Image der Superkanzlerin sachliche Argumente entgegenstellen. Es möchte all jene bestärken, die sich schon jetzt unbehaglich fühlen angesichts der Schönrednerei, mit der uns die Kanzlerin und ihre Entourage umgarnen. Und es möchte für Alternativen zu einer Politik werben, die auf Dauer Deutschland ungerechter macht und die gemeinsame Zukunft Europas verspielt.

Aber wie schafft es Frau Merkel, so beliebt zu sein? Der Autor schreibt: " Sie bejubelt die sinkende Arbeitslosigkeit und schweigt über die Tatsache "Armut trotz Arbeit", sie erfindet "Lebensleistungsrenten", hinter denen sich kaum mehr als ein Almosen verbirgt, sie rühmt sich der Euro-Rettung und schweigt über den Preis, den andere europäische Völker gerade und das deutsche Volk in der Zukunft zahlen müssen."

Fazit: Man muss nicht jeden politischen Standpunkt des Autors teilen. Er ist im politischen Spektrum eher links verordet. Aber das Buch zeigt sehr gut, worauf das erfolgreiche "System Merkel" basiert: auf der weitgehenden Unkenntlichkeit der eigenenen politischen Absicht, der vermeintlichen Überparteilichkeit und der selektiven Selbstbedienung bei der Programmatik fast aller Parteien. (Soziale Gerechtigkeit, Energiewende usw.) Dies alles dient ihr nur einem Zweck: sich für alle wählbar zu machen - weit über die eigene Klientel hinaus.
(OLDMAN/Falk Müller)

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